OGA vom 24. Mai 2024 TITELSEITE
Widerstand gegen Windräder im Wald
Erneuerbare Energien In Beetz und Sommerfeld geht der Protest weiter. Bei einer Diskussion schlugen die Wellen der Empörung hoch.
Von Sophie Brachvogel-Lüttke
Schon auf der Fahrt durch die Rüthnicker Heide in Richtung Sommerfeld regen sich erste Zweifel, ob in dieser bislang relativ unberührten Natur Windräder stehen sollten. Der Landtagsabgeordnete Frank Bommert (CDU) hat im Kulturhaus der Sana Klinken eine Diskussionsveranstaltung für den Erhalt des Waldes und gegen die geplanten Windräder organisiert.
Breiter Widerstand hat sich inzwischen gegen das Vorhaben vor der Haustür der Anwohner in Beetz und Sommerfeld formiert. Rund 100 Menschen fanden am Dienstag den Weg in die Kliniken. Auch aus dem Publikum heraus wurde immer wieder lautstark protestiert.
Nutzwald bietet laut Investor großes Potenzial für Umsetzung der Energiewende.
Das Windenergievorhaben „Birkholzgrund West“, nördlich von Beetz, liegt in einer Waldfläche östlich der L19 zwischen Beetz und Rüthnick. Stein des Anstoßes sind nicht nur sieben Windräder mit je sieben Megawatt Leistung. „Insgesamt 40 Windräder sollen im Laufe der Zeit in der Region um Kremmen entstehen“, so Hartmut Rakow von der Bürgerinitiative Beetz. Die Gesamthöhen der Anlagen werden mit 270 Metern angegeben. Laut der ausführenden Firma UKA könnten die Anlagen 2027 in Betrieb gehen.
Die bei der Diskussion anwesende Menschen aus den betroffenen Dörfern fragten sich zum Teil lautstark und mit Zwischenrufen, warum die Anlagen ausgerechnet im Wald stehen müssen. „Dieser Wald ist ein resistenter Klimawald, durch die Schneisen, die beim Bau der Windräder geschlagen werden, trocknet der Wald weiter aus“, erklärt Dirk Hartung von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW). „Am Ende entstehen hier Industriebrachen, die als Sondermüll nur schwer wieder zu entsorgen sind. Was soll am Ende noch für unsere Kinder erhalten bleiben?“, fragt er.
Auch die Auswirkungen auf die Vogelwelt seien nicht zu unterschätzen. Mit 320 Kilometern pro Stunde rasten die Rotoren der Windräder und nähmen dabei keine Rücksicht auf Rotmilane, Seeadler oder andere gefährdete Arten. Diese fänden sich dann völlig zerschmettert am Boden wieder. Es sei eine Frage der Zeit, bis diese Vogelarten dann irgendwann alle verschwunden und ausgestorben seien. Es müssten neue Artenschutzgutachten erstellt werden. Auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung wäre angebracht, ist aber vermutlich nicht verpflichtend.
Investor UKA argumentiert, es würde sich bei der geplanten Fläche um Nutzwälder handeln. Das Vorhaben biete großes Potenzial für eine Umsetzung der Energiewende. Laut UKA seien Wälder siedlungsferner, die Bäume dienten als Sichtschutz. Waldeigentümern würden sich zusätzliche Ertragsmöglichkeiten bieten. Die Rotorblätter drehten sich über dem Kronendach und würden die Tiere im Wald nicht stören. Schon vor zehn Jahren hätten einige Waldbesitzer Vorverträge mit dem Investor UKA abgeschlossen. Es gehe hier um viel Geld und gute Gewinne, daher wäre die Kommunikation mit den Besitzern der Flächen schwierig, erklärte Diana Stöcklein von der Bürgerinitiative Beetz.
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OGA vom 24. Mai 2024 OBERHAVEL – Seite 2
Kliniken fürchten um Patienten
Erneuerbare Energien
Ein Windkraftvorhaben bei Beetz und Sommerfeld stößt auf breiten Protest.
Von Sophie Brachvogel-Lüttke
Beetz/Sommerfeld. Der Mindestabstand von 1000 Metern zur nächsten Wohnbebauung werde eingehalten, reiche aber nicht aus, um die Bewohner von Beetz und Sommerfeld vor den negativen Folgen der Lautstärke der geplanten Windräder zu schützen. „Auch unsere Patienten kommen in die Sana Kliniken wegen der Nähe zum Wald und der damit verbundenen Ruhe“, erläutert Professor Dr. Andreas Halder, ärztlicher Leiter der Sana Kliniken. Hier werden vor allem neue Hüften und Knie operiert. Aber eben auch Reha-Aufenthalte seien vorgesehen.
Dafür habe die Klinik eine eigene Sparte der Waldmedizin, es gebe zwei therapeutische Waldwege. Eine künftig geplante Erweiterung dieser Wege werde schwierig, falls die Windräder kämen. Er frage sich, warum nun ausgerechnet in unmittelbarer Umgebung der Klinik Windkraft entstehen solle, denn für seine Einrichtung sei Ruhe ein Qualitätsmerkmal. Ein weiterer Zweig der Klinik sei auch die Schlafmedizin.
Guten Rat erhofften sich die Diskutierenden schließlich von dem Bundestagsabgeordneten Uwe Feiler (CDU). Er sagte gleich zu Beginn seiner Rede, dass er seine körperliche Fitness der Sana Klinik zu verdanken habe. „Die letzten drei Atomkraftwerke hätten am Netz bleiben soll“, so Feiler. Jetzt werde „auf Teufel komm raus“ der Ausbau der Windenergie gefördert. Allerding müsse dies synchron mit dem Speicherausbau funktionieren, hier hinke man bislang hinterher. Und Brandenburg sei derzeit gut mit Strom versorgt. „Warum das Naturerbe Wald verschandeln, das erschließt sich mir nicht“, so Feiler.
Abschließend wurde diskutiert, ob der Weg der Klage gegen das Vorhaben Erfolg haben könnte. Die Gemeinde könne klagen, auch Wegerechte könnten verweigert werden. Frank Bommert hingegen setzt auf die neue Stadtverordnetenversammlung nach den anstehenden Kommunalwahlen am 9. Juni. Stefanie Gebauer (BVB/Freie Wähler), Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Kremmen, fragte, was die Stadt gegen die Windmühlen unternehmen könne. Bommert: „Nur wenn wir alle zusammen in Stadt und Kreistag angreifen, haben wir Erfolg.“